
... und was unsere Kinder dabei verlieren
Immer wieder lesen wir in der Presse von der Schließung traditionsreicher Spielwarengeschäfte. Leere Schaufenster, Ausverkaufsplakate, ein letzter Dank an die Kundschaft – dann ist Schluss. Zurück bleibt oft ein stilles Bedauern, manchmal auch ein Schulterzucken. Dabei ist jede einzelne Ladenschließung mehr als nur ein wirtschaftlicher Vorgang: Sie ist ein Verlust an gelebter Kindheit, an echtem Erleben – und ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr sich unser Kaufverhalten verändert hat.
Bequemlichkeit mit Nebenwirkungen
Ein weiteres inhabergeführtes Fachgeschäft verschwindet – nicht etwa, weil es an Leidenschaft, Fachwissen oder Einsatz fehlte, sondern weil sich das Kaufverhalten der Eltern in den letzten Jahren grundlegend verändert hat. Immer mehr Eltern kaufen Spielzeug online. Es ist bequem, schnell und oft günstiger. Doch was auf den ersten Blick praktisch erscheint, hat tiefgreifende Folgen – nicht nur für den stationären Handel, sondern vor allem für unsere Kinder. Denn was mit dem Verschwinden der Fachgeschäfte ebenfalls verschwindet, ist das Erlebnis, sich selbst etwas auszusuchen, Spielzeug zu entdecken, anzufassen, auszuprobieren.
Ein Besuch im Spielwarenladen war für Generationen von Kindern ein kleines Abenteuer. Die Farben, das Stöbern, das Anfassen, die persönlichen Empfehlungen – all das sind Sinneseindrücke, die im Onlinehandel nicht stattfinden. Kinder schlendern durch das Geschäft, bleiben staunend stehen, greifen neugierig zu. Sie spüren, was sie anspricht – unabhängig davon, was ihnen zuvor ein Algorithmus vorgeschlagen hat. Dieses sinnliche Entdecken, das Staunen, die Freiheit der Auswahl – all das findet online kaum statt.
Wenn Einkaufserlebnis durch Algorithmus ersetzt wird
Online wählen Kinder oft das, was gerade im Trend liegt. Was die Influencer in die Kamera halten, wird bestellt. Und so kaufen viele Eltern nicht mehr das, was zu der Persönlichkeit ihres Kindes, seines Entwicklungsstandes gerecht oder was zu seinen wahren Interessen passt, sondern das, was gerade überall gezeigt wird: Das, was „alle haben“.

Nicht jeder Junge liebt Konstruktionsspielzeug, nicht jedes Mädchen malt gern. Aber genau diese Vielfalt, diese kleinen, überraschenden Entdeckungen, ermöglichen Fachgeschäfte vor Ort – mit Beratung, persönlichem Gespräch und einer breiten, durchdachten Auswahl.
Die stillen Folgen für die Entwicklung
Wenn Kindern die Gelegenheit genommen wird, selbstbestimmt zu wählen, geht mehr verloren als nur ein Einkaufserlebnis. Es geht um Autonomie, um Persönlichkeitsbildung, um Freude am Entdecken. Wer nur aus vorgegebenen Listen auswählt, verlernt, wirklich hinzuspüren: Was gefällt mir? Was interessiert mich wirklich?
Der Besuch im Spielwarengeschäft war früher ein kleines Abenteuer, oft sogar ein Ritual. Heute droht dieses Erlebnis still zu verschwinden – und damit eine Kultur des bewussten, kindgerechten Auswählens. Wer nie die Erfahrung macht, in einem Laden selbst zu stöbern, wird nie erfahren, wie befriedigend es ist, etwas ganz Eigenes zu entdecken – abseits des Mainstreams.
! Ein Appell an uns Eltern !
Es liegt an uns, diesen Trend nicht einfach hinzunehmen. Natürlich ist Online-Shopping nicht per se schlecht – aber es sollte nicht zur einzigen Option werden. Der gelegentliche Besuch in einem Spielwarengeschäft kann für Kinder ein kleines, prägendes Erlebnis sein. Und für uns Eltern eine Erinnerung daran, wie viel Wert persönlicher Kontakt, gute Beratung und echte Auswahl haben können.
Der Abschied von kleinen Spielzeugläden ist ein Weckruf. Für Eltern, für Händler, für unsere Gesellschaft. Wenn wir nicht wieder mehr Wert auf echtes Erleben und individuelle Auswahl legen, wird das Angebot zunehmend standardisiert. Es lohnt sich, darüber nachzudenken – und manchmal einen Umweg in Kauf zu nehmen, der sich am Ende als wertvoller erweist als der schnellste Klick.
Tipp für’s nächste Wochenende
Manche Eltern haben ja ein bisschen Angst davor, mit ihrem Kind in einen Spielzeugladen zu gehen – „Dann will es alles haben und dreht völlig durch!“ Verständlich. Aber genau das kann eine richtig gute Übung sein, vielleicht zum Wochenende: Vereinbaren Sie vorher – ganz klar und liebevoll – „Heute schauen wir nur. Wir gehen auf Entdeckungsreise – ohne etwas zu kaufen.“ So wird der Besuch zum Erlebnis, ohne Stress und Tränen an der Kasse. (Wiederholen Sie es – das kann man üben!)
Und das Beste: Zuhause geht das Abenteuer weiter und das Kind schreibt oder malt seine Eindrücke auf einen Wunschzettel! Was ist hängengeblieben? Was war wirklich spannend? So lernt das Kind, seine Wünsche bewusst zu reflektieren und sich länger mit einem Gedanken zu beschäftigen – in einer Welt, in der oft alles sofort passieren muss. Und manchmal merkt man dabei auch: Nicht alles, was im ersten Moment glänzt, bleibt im Herzen. 😉
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